Mietvertragsanfechtung wegen arglistiger Täuschung des Mieters über seine wirtschaftlichen Verhältnisse

Amtsgericht Bonn, Urteil vom 22.09.2005, 6 C 411/05

Mietvertragsanfechtung wegen arglistiger Täuschung des Mieters über seine wirtschaftlichen Verhältnisse

Die klagenden Mieter begehren die Aufrechterhaltung einer einstweiligen Verfügung, aufgrund derer die beklagte Vermieterin verpflichtet wird, den Beklagten den Besitz an der von ihnen gemieteten Wohnung einzuräumen.

Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 11.06.2005 einen Mietvertrag über ein Haus, dessen Laufzeit am 01.09.2005 beginnen sollte.

Bei dem Vertragsgespräch verschwiegen sie, daß gegen sie beide Insolvenzverfahren eröffnet wurden. Die Beklagte focht den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Bei ihrem derzeitigen Vermieter M haben die Kläger seit mehreren Monaten keine Miete gezahlt.

Das Amtsgericht Bonn wies die Klage ab. Die beklagte Vermieterin habe ihre Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten. Zwar könne wegen widersprechende eidesstattlicher Versicherungen nicht geklärt werden, ob die Mieter von der Vermieterseite gefragt wurden, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse in Ordnung seien. Dafür, dass eine entsprechende Frage gestellt worden ist, sei die Beklagte, die die Anfechtung erklärt hat, beweispflichtig, so dass seitens des Gerichts hier gegebene Zweifel zu ihren Lasten gehen.

Das Gericht gehe aber davon aus, dass die Beklagten die Klägerin nicht über die eröffneten Insolvenzverfahren informiert und somit eine ihnen obliegende Aufklärungspflicht verletzt haben. Denn Umstände, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind, seien ungefragt zu offenbaren. Das gelte vor allem für Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden können. Zwar sei in der Rechtsprechung und Literatur die Frage streitig, ob eine Offenbarungspflicht für hochverschuldete Mieter, die die eidesstattliche Versicherung bereits abgegeben haben, bestehe. Hier komme aber hinzu, dass die finanzielle Situation der Kläger nach dem unstreitigen Sachverhalt so erheblich von den normalerweise im Falle der Anmietung eines Hauses zu erwartenden Verhältnissen abweiche, dass die Kläger von sich aus hierüber hätten aufklären müssen. Noch schwerer wiege, daß sie seit Monaten ihrem derzeitigen Vermieter M die Miete schuldig seien. Die bereits bei Abschluss des Vertrages bestehenden hohen Mietschulden sowie andere Schulden, die zur Verbraucherinsolvenz geführt haben und der Umstand, das noch nicht einmal Teilzahlungen an die bisherigen Vermieter erbracht worden sind, zeigten, dass den Klägern bereits bei Vertragsschluss klar gewesen sein müsse, dass sie keine Gewähr für regelmäßige und pünktliche Mietzahlungen bieten konnten. Die klägerische Rüge nach § 174 BGB finde auf Erklärungen, die aufgrund der Prozeßvollmacht im Gerichtsverfahren abgegeben werden, keine Anwendung. Im übrigen habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten eine Anfechtung bereits mit außergerichtlich unter Versendung einer entsprechenden Vollmacht erklärt, aus der sich auch eine weitere Bevollmächtigung ergeben dürfe.

Amtsgericht Bonn, Urteil vom 22.09.2005, 6 C 411/05


sk

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